29. August 2008

Arbeitsmarkt: Wieder eine Schönschrift

Ein Mal im Monat stelle ich mir vor, wie OZ-Redakteure einander auf die Schultern klopfen, wenn sie die Arbeitslosenzahlen verbraten haben. Blitzschnell war das Loch auf der Seite gefüllt. Wahrscheinlich hatte ein Kopierer eine neue Bestzeit im Platzverfüllen erreicht, deshalb das Schulterklopfen.

Die OZ-Wirtschaftsweisen verkündigten:
Fast 6000 offene Stellen in MV
Gesucht werden Schlosser, Elektriker, Schweißer, Köche, Erzieher und Altenpfleger. Die Arbeitslosigkeit geht weiter zurück.
Allein schon die Schlagzeile ist eine Verharmlosung der Sache und grenzt an Volksverblödung, denn nicht die offiziell 116500 Arbeitslosen sind das Wichtigste, sondern 6000 freie Stellen - jedenfalls in der OZ. Und dass sich 19 offiziell Arbeitslose um eine freie Stelle bewerben müssten, rechnet die OZ natürlich nicht vor.
Der Job-Boom hat MV erreicht: Zwischen Ahlbeck und Zarrentin ist im August - verglichen mit den neuen Bundesländern - die Zahl der Arbeitslosen am stärksten gesunken. Mit 116 500 Erwerbslosen (13,3 Prozent) wurde der niedrigste August-Wert seit 1991 erreicht, erklärt Jürgen Goecke, Chef der Arbeitsagentur Nord. ...
Tjaha, wenn der Agenturchef erklärt, wird das unwidersprochen ohne Nachrecherche vervielfältigt, wie es sich für ein Regierungsblättchen gehört. Dass die Zahlen von 1991 mit denen von 2008 nicht vergleichbar sind, spielt dabei keine Rolle, passt auch nicht ins Bild vom Boom. Dass ich nicht lache! Ich habe oft genug über das Märchen von den Arbeitslosenzahlen geschrieben.

Was in MV mächtig boomt, ist die Inflationsrate, denn die ist seit mehr als einem halben Jahr höher als der Bundesdurchschnitt (kein Thema in der OZ).
Und was die vielen Leute von ihrer schicken neuen Arbeit haben, können Sie hier nachlesen, allerdings für D, nicht für MV:

... Trotz eines Beschäftigungsanstiegs um 3,3 Prozent verringerte sich das reale Nettolohneinkommen aller Beschäftigten zusammengenommen um 0,3 Prozent. Das reale Einkommen eines Vier-Personenhaushalts mit einem Alleinverdiener sank während der 13 Aufschwung-Quartale um 3,5 Prozent, das eines Ein-Personen-Haushalts ging um 2,6 Prozent zurück. Derartige Reallohnverluste in einer Phase wirtschaftlicher Prosperität sind neu: Im vorigen Aufschwung, der elf Quartale zwischen 1998 und 2001 umfasste, stiegen die realen Nettolöhne pro Kopf noch um vier Prozent. ...

Ich schätze, in MV ist es schlimmer und natürlich kein Thema für die OZ, die hier zu Hause ist.
Natürlich verringert sich die Zahl der Arbeitslosen, aber zu welchem Preis für die Arbeitenden?

So, wie die OZ heute wieder das Märchen von den wenigen Arbeitslosen weiterspinnt, sind die Zahlen nichts wert, weil sie nur wenig aussagen. Allein schon die Angabe auf 500 Arbeitslose genau ist Blödsinn, denn der statistische Fehler ist garantiert größer. Abgesehen davon werden in D mindestens eine Million Arbeitslose nicht als arbeitslos gezählt. Allein das macht die Statistik wertlos und Zahlen aus ihr in der OZ sind keine Nachricht, sondern ein schlechter Witz.
Ganz nebenbei: Die Zahl der arbeitlosen Alg 2-Empfänger, die die Sozialagentur OVP verwaltet, wird von der Arbeitsagentur geschätzt. Wer es nicht glaubt, kann nachfragen. Ich habe es bereits getan.

Im Übrigen empfehle ich, hier nachzulesen.

Das Statistische Bundesamt setzt die ängstliche Schlagzeile: „Keine Umkehr des positiven Trends am Arbeitsmarkt", als hätte es eigentlich schon mit der Umkehr gerechnet, verrät uns aber nicht, daß schon mehr als 40 % des von ihm gemeldeten Beschäftigungsaufbaus auf unsichere zeitlich befristete und schlechter bezahlte Leiharbeit entfällt. Aus den Einzelzahlen der Bundesagentur für Arbeit muß man sich das aus dem Kleingedruckten erst mühsam herausrechnen. ...

Herausrechnen! Solch ein Kleinkram ist natürlich nichts für OZ-Wirtschaftsweise.

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