20. Januar 2008

Kohlekraftwerk: OZ berichtet völlig einseitig

Leser erwarten von der Zeitung, dass sie ihnen Nachrichten liefert. Redaktionen sind dazu angehalten, Nachrichten zu beschaffen. Die Mantelredaktion erhält Nachrichten und auch Scheinnachrichten von den Nachrichtenagenturen, die sie mit wenig, meist ohne eigene Recherche an die Leser weitergibt.

Lokalredaktionen müssen sich mehr anstrengen und wählen z.B. Veranstaltungen aus, über die sie berichten. Ob ein Berichterstater solch einen Termin wahrnimmt oder nicht, bleibt der Redaktion überlassen. Abendtermine sind offensichtlich unbeliebt. Deshalb besuchte niemand von der OZ die vergangene Sitzung des Umweltausschusses des Kreises Ostvorpommern. Stattdessen erfragte ein Aufschreiber den Ausschussvorsitzenden im Nachhinein. Das kam dabei heraus:
Umweltausschuss-Chef für Kohlekraftwerk
Der Vorsitzende des ostvorpommerschen Umweltausschusses, Dieter Markhoff, hat die Pläne des dänischen Investors Dong Energy für ein Kohlekraftwerk in Lubmin befürwortet. "Die Arbeitsplätze im Kraftwerk und der Ausbau des Industriestandortes sind wichtig für unsere Region", sagte der CDU-Kreistagsabgeordnete gegenüber OZ. Sorgen, dass eine solche Anlage negative Folgen auf den Tourismus haben könne, hätten sich schon Anfang der 1990er-Jahre in Rostock-Warnemünde nicht bestätigt. ...
Was die Arbeitsplätze mit dem Schutz der Umwelt zu tun haben, fragte Aufschreiber Loew nicht. Überlegungen zur Zahl von Arbeitsplätzen sind Sache des Ausschusses, der sich mit Wirtschaftsdingen im Kreis beschäftigt. Aufgabe des Umweltausschusses ist es doch, über die Auswirkungen des Kohlekraftwerkes auf die Umwelt in Ostvorpommern zu befinden.

Ich als Bürger des Kreises bin der Meinung, Markhoff ist eindeutig fehl am Platz, wenn er nicht in der Lage oder willens ist zu erkennen, dass die Umgebung von Lubmin besonders durch die Schutzgebiete völlig anders geartet ist als die nördlich von Rostock. Nur weil sich im Raum Rostock kein Widerstand mehr regt (Warum auch, wenn das Werk schon lange produziert?), heißt das nicht, dass die Umwelt dort unversehrt bleibt. Oder liegen Markhoff Zahlen vor, die belegen, dass das Kraftwerk bei Rostock der Umwelt nicht schadet? Warum fragte Leow nicht nach?

Selbst wenn das Werk bei Rostock keine Auswirkung auf den Tourimus hatte, was hat das mit der Umwelt zu tun?

Was während der Umweltausschuss-Sitzung passierte, schilderte Karin Kaspar aus ihrer Sicht. Sie ist stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende im Kreistag und stellv. Mitglied im Umweltausschuss. Hier Auszüge aus ihrem Brief an die OZ:

... Die beiden Bürgerinitiativen haben in sachlicher und fachlicher Klarheit auf Mängel des Antragsverfahrens und Mängel in den Antragsunterlagen hingewiesen. So sind beispielsweise die zwingend vorgeschrieben naturschutzfachlichen Gutachten, die zum Antrag einzureichen waren, häufig nicht in Form von Gutachten sondern lediglich als Studien beigefügt, was zu erheblichen qualitativen Aussageverzerrungen bzw. -verlusten führt. Das hat zur Folge, dass nun diese Gutachten nachgearbeitet werden müssen. Ungeachtet dieser Mängel wurde der 1. Vorbescheid bereits erteilt. ...

Außerdem stellte sich heraus, dass Herr Schön, der Vertreter von Dong Energy, auf der vorangegangenen Ausschusssitzung falsche Aussagen getroffen hat; z.B. hat er von einem jährliche Quecksilberausstoß in Höhe von 37 kg/a gesprochen. Aus den eingereichten Unterlagen geht jedoch eine Quecksilberbelastung von 1,1 t/a hervor. ...

Hervorzuheben ist, dass Herr Markhoff zu Beginn der Sitzung die Spielregeln erklärt hat, nach denen er diese Sitzung führen wollte. Die BI’s sollten sich darauf beschränken, Ihre Vorträge zu halten und die Fragen der Abgeordneten zu beantworten. Außerdem würde heute auch keine Meinungsbildung und Diskussion im Ausschuss erfolgen. Fragen der BI-Vertreter an den Ausschuss wurden mit dem Hinweis, dass sie sich hier lediglich in einer Anhörung befänden, nicht zugelassen. So war jedoch der Tagesordnungspunkt nicht angekündigt und so waren die BI’s auch nicht eingeladen worden. Später ließ Herr Markhoff noch einige Fragen von Einwohnern an die BI’s zu.

Bei der Vorstellung durch Dong Energy waren diese Spielregeln nicht gesetzt. Mit Herrn Schön wurde eine ganz normale Frage- und Antwortdiskussion, wie sie in Ausschüssen mit geladenen Gästen immer üblich sind, geführt. Der Stil, in dem diese Ausschusssitzung geleitet wurde war nach meinem Demokratieverständnis beschämend. ...

Ich kam mir auch nicht wie im Umweltausschuss vor, der die Belange von Umwelt und Natur zu vertreten hat, sondern eher wie im Wirtschaftsausschuss, bei dem die Arbeitsplätze deutlich über den Belangen des Naturschutzes stehen, die Herr Markhoff mit den Worten, dass die von den BI’s vorgetragenen Mängel zu allgemein formuliert seien, vom Tisch wischte.
Und umso erstaunter bin ich, dass Herr Markhoff bereits eine feste Meinung geäußert hat, obwohl die Meinungsbildung im Ausschuss ja gar nicht stattgefunden hat.

Es gäbe noch viel zu sagen, z.B. dass Vorsitzende des Umweltausschusses sogar die Berichte der IPCC-Kommission anzweifelt (Nobelpreisträger 2007) ...
Hervorhebungen von mir.

Ich finde es beschämend für die OZ, dass sie mit ihrer Meldung den Eindruck erweckt, im Umweltausschuss seien alle sog. Messen gelesen und die nächste Sitzung nur noch eine Farce.

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