28. Juli 2006

Hintergrund einer Hurra-Meldung


Mit einer Meldung tut die Wirtschaftsredaktion dieses Thema ab:
Kauflust so hoch wie nie
Die Stimmung der Verbraucher in Deutschland hat sich im Juli noch einmal verbessert. Dennoch sieht das Marktforschungsinstitut GfK erste Wolken am Konjunkturhimmel. Getragen von der unvermindert hohen Kauflust der Verbraucher habe der Konsumklimaindex zwar zum dritten Mal in Folge einen neuen Rekordstand erreicht, berichtete die GfK gestern in Nürnberg. Die Verbraucher hätten aber die konjunkturelle Entwicklung erneut skeptischer beurteilt als im Vormonat.
Wie verhalten sich die Käufer in M-V? Sie kauften bis Ende Mai weniger als im Jahresdurchschnitt von 2003. Das belegt ein Diagramm (Ausriss), veröffentlicht vom Statistischen Landesamt. Aber wozu sollte die Wirtschaftsredaktion Hintergrund zu den Daten einer Umfrage in ganz Deutschland liefern? Offensichtlich fand sie keine Gründe. Wenigstens den Hinweis, dass Kauflaune nichts mit Kaufen zu tun hat, hätte die Redaktion geben sollen.

Beinahe vergaß ich zu fragen: Was bedeutet das "nie" in der Meldung? Nichts!

Natürlich hätte die Redaktion ein Thema aus der Meldung machen können. Das ist möglich. Hier ein Beleg:

Die Konsumneigung erreicht einen neuen Höhepunkt. Alle Indikatoren weisen aber darauf hin, dass es mit dieser Kauflust nun bald ein Ende hat. Es fehlt das Geld.

Der Kommentar dazu:

DEM WIRTSCHAFTSWACHSTUM FEHLT DIE NACHHALTIGKEIT
Angstkonsum bringt keinen Aufschwung

Ein wenig Hintergrund gefällig?

Kinderarmut verdoppelt
Kinderschutzbund: 2,5 von 15 Millionen Kindern leben in Armut

Löhne in Deutschland schrumpfen
In den meisten Branchen fallen die Lohnerhöhungen in diesem Jahr mickrig aus - im Schnitt gibt es 1,5 Prozent mehr. Das kleine Plus wird von der Inflation wieder aufgefressen werden, wie nun die Stiftung der Gewerkschaften vorrechnet. Zur Quelle

Staunen über makroökonomische Abläufe
Zur Zeit erscheinen immer wieder Meldungen über die Unsicherheit der wirtschaftlichen Entwicklung. Bei managermagazin-online erschien am 18.7. ein Beitrag unter dem Titel: „Konjunktur - Der schwarz-rote Bremsklotz“. Vor einem Einbruch der Wachstumserwartungen wird mit Berufung auf das Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung gewarnt. Und auf die schlechte Finanzpolitik der Bundesregierung verwiesen. Angesichts dieser späten Einsicht dürfen wir vielleicht darauf hinweisen, dass unsere Leser - anders als die der meisten Wirtschaftsteile deutscher Medien - davor bewahrt blieben, jetzt darüber zu staunen, dass aus dem großen Aufschwung nichts wird. Und dass dies viel mit der makroökonomischen Unfähigkeit der handelnden Personen zu tun hat.

IWH legt eine bedrückende Analyse über die Entwicklung der ostdeutschen Wirtschaft vor – ein Exempel für das Scheitern angebotsorientierter Wirtschaftspolitik.
Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle resümiert [PDF - 349 KB]: Trotz vorteilhafter Rahmenbedingen auf der Angebotsseite war das vergangene Jahr kein gutes für die ostdeutsche Wirtschaft. Die gesamtwirtschaftliche Produktionsaktivität stagnierte, die Beschäftigung ging zurück, der Aufholprozess kam trotz sinkender Einwohnerzahl nicht voran. Die Binnennachfrage in Ostdeutschland insgesamt wird angesichts der schwachen Einkommensperspektiven der privaten Haushalte gedrückt bleiben. Eine Wende am Arbeitsmarkt ist nicht in Sicht. Das Produktionswachstum resultiert vollständig aus der Steigerung der Arbeitsproduktivität. Die registrierte Arbeitslosigkeit steigt trotz des anhaltenden Beschäftigungsabbaus nur deshalb nicht, weil das Arbeitsangebot weiter abnimmt.Unser Fazit: Man kann allein durch die Verbesserung von Angebotsbedingungen, Subventionen und Steuererleichterungen bei Betriebsansiedlungen, durch Ausscheren aus Tarifbindungen, geringe Löhne und Niedriglohnsektoren die Wirtschaft nicht in Gang bringen.

IAT: Bei einem Mindestlohn von 7,50 € hätten 4,6 Millionen Anspruch auf Lohnerhöhungen
Auf die Unternehmen kämen 10 bis 12 Milliarden Euro Zusatzkosten zu, von denen allerdings auch der Staat über Steuereinnahmen sowie 3,7 bis 4,2 Milliarden Euro Mehreinnahmen für die Sozialversicherungen profitieren würde. Zu diesen Ergebnissen kommen die Arbeitsmarktforscher Dr. Claudia Weinkopf und Thorsten Kalina vom Forschungsschwerpunkt "Flexibilität und Sicherheit" des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen)

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