28. Juli 2013

Ganz klar: Alles halb so schlimm (aktualisiert)

Als dies in die OZ kopiert wurde, ist niemandem etwas aufgefallen? Es ist allerdings logisch, dass Kopierern nichts auffallen kann:
... Die US-Behörden wollen bei einem möglichen Verfahren gegen den Geheimdienst-Enthüller Edward Snowden keine Todesstrafe fordern. Justizminister Eric Holder sagte seinem russischen Amtskollegen in einem Brief außerdem zu, dass Snowden in den USA nicht gefoltert werde, berichtete das „Wall Street Journal“. ...
Nungut, Todesstrafe in den USA ist völlig normal, ist die freiheitlichste Freiheit der Welt, sozusagen ein Ami-Menschenrecht. Und wer bestimmt über die Todesstrafe, ein Gericht oder der Justizminister?Warum aber meinte der Justizminister, betonen zu müssen, Snowden würde nicht gefoltert werden? Haben die Amis darauf auch ein Menschenrecht, das, zu foltern und gefoltert zu werden, und nur Snowden würde verschont bleiben? Und wer, außer den regierungsergebenen Kopierern, glaubt denn, was ein Minister sagt? Und wer unter den OZ-Lesern glaubt ebenfalls nicht an Ministergerede und kauft dennoch unverdrossen das Blättle?

Nachdem die OZ Snowden, der mit dem deutschen Whistleblower-Preis ausgezeichnet wurde (OZ-Leser wissen nichts davon), zwei Mal als Spion verunglimpfte, hat das Blättle nun zu einer neuen Bezeichnung gefunden, die ebenso fies ist, denn dies stand in deiner Bildunterschrift:
Der „Enthüller“ Edward Snowden.
Dann wäre da noch der Bundesgrüßaugust, der sich in der Sache nun doch zu Wort meldete, allerdings nicht in der OZ. Die hat wie üblich kopiert; die Quelle wird auch wie üblich verschwiegen:
Nach wochenlangem Schweigen hat sich jetzt auch Bundespräsident Joachim Gauck überraschend eindeutig zur Späh-Affäre geäußert: „Diese Affäre beunruhigt mich sehr“, sagte Gauck in einem Interview. Die Angst, dass Telefonate oder E-Mails von ausländischen Nachrichtendiensten erfasst und gespeichert werden können, schränke das Freiheitsgefühl ein, sagte der ehemalige Chef der Stasi-Unterlagenbehörde. Damit bestehe die Gefahr, „dass die Freiheit an sich beschädigt wird“. Er habe auch schon selbst darüber nachgedacht, ob er noch offen telefonieren und mailen könne, tue dies aber weiterhin. Auch wenn zum Schutz vor Anschlägen eine Einschränkung der Freiheit manchmal unumgänglich sei, müsse „stets die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleiben“, so das Staatsoberhaupt. ...
Es ist bildlich schwer verdaulich, was Gauck absonderte, denn es handelt sich nicht einfach um eine Affäre, sondern um die umfassende, weltweite und ununterbrochene Verletzung von Bürgerrechten, die der Schwätzer schon vor ein paar Wochen nicht einmal wahrhaben wollte und es immer noch nicht will.
Ist es tatsächlich damit getan, wenn der Mann beunruhigt ist?
... Wenn der Bundespräsident nicht auf Einhaltung der elementaren Grundrechte besteht und politisches Handeln anmahnt und nicht wie Sie auf die Frage der Souveränität Deutschlands eingeht, wie steht es dann in der Tat um unsere Freiheitsrechte?
Der Hammer ist, dass Gauck die Masse beruhigt, indem er äußert, er kommuniziere elektronisch weiterhin ungeschützt. Ist doch alles nicht so schlimm. Das soll ein Bundespräsident sein? Lachhaft, gefährlich lachhaft allerdings.
Was die Verhältnismäßigkeit betrifft, sollte sich die OZ endlich dafür interessieren, ob der Bundesgrüßaugust das jüngst von einer Stimmviehmehrheit im Landtag M-V verabschiedete Schnüffelgesetz verhältnismäßig findet.

Die OZ befeierte uns Joochens Gewäsch sogar noch per Kommentar: 
Wortmeldung zur Spähaffäre
Gaucks Klartext
Wenn es um Freiheitsrechte geht, reagiert Joachim Gauck sensibel. Deren Fehlen hat er als DDR-Bürger jahrzehntelang erlebt. Kein Wunder, dass der Bundespräsident nun klare Worte zur Spähaffäre findet. Sie erinnern an die berühmte Mahnung, die dem amerikanischen Gründervater Benjamin Franklin zugeschrieben wird: Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, verliert am Ende beides.
Das war denn doch zu viel, den Grüßaugust mit Franklin zu vergleichen. Das mit den klaren Worten ist jedoch richtig. Der Bundespräsident hat klargestellt, dass alles nicht so schlimm sei, dass wir uns nicht so haben sollten; es sei alles nur so ein Gefühl.
... Gauck bezieht Position. Er zollt sogar Edward Snowden Respekt, der nach den Gesetzen seines Landes ein Verräter ist.
Achja? In dem Kopierten war nichts davon zu lesen. Ich kann mich aber daran erinnern, dass der Bundesgrüßaugust kürzlich noch nicht glauben wollte, was Snowden bekannt gemacht hatte und verlogenen Mist sagte - den die OZ nicht verbreitete.
Die Amerikaner wissen gern, woran sie sind. Sie schätzen Klartext, selbst wenn der kritisch ausfällt. Von Gauck bekommen sie den.
Genau, sie wissen, dass sie weitermachen können wie bisher.
Das wird nicht dazu führen, dass die USA von ihrer Auslandsspionage ablassen. Aber ein Überprüfen von Maß und Ziel wäre ja schon etwas. Die Fähigkeit zur Korrektur zeichnet diese über Jahrhunderte stabile Demokratie schließlich aus. Auch davor kann man Respekt haben.
Häh?

Im Übrigen sehe ich noch den Bundesgrüßaugust und verspäteten (nämlich als keine Gefahr mehr bestand) Freiheitskämpfer sich vor ein paar Wochen selig in des Friedensengels/Mordanordners/Beinahe-Heilands Armen kuscheln. U.a. wurde dies darüber verbreitet; nein, nicht von der OZ:
Anschließend referierte Gauck über die Krokodilstränen, die ihm bei Obamas Freundschaftsbesuch während der Hymne in die Augen traten. Die Tränen der Angehörigen, die Opfer von Obamas Drohnenkrieg zu beklagen haben, interessierten eher nicht, ebenso wenig sein auf das deutsche Volk geleisteter Amtseid. 
Mir wird jedes Mal kötzerisch, wenn ich daran denke.

Weiterführendes wurde in der taz geschrieben.

Hier noch ein Nachtrag, der zeigt, wie präsidentenergeben das Blättle ist:
... Zufrieden zeigten sich die offiziellen Kanäle, dass nun auch der Bundespräsident ein kritisches Wort zur NSA-Affäre gesprochen habe. Von ARD bis Springer zierte sein"Es beunruhigt mich sehr"-Sermon die Schlagzeilen. Damit gilt Gauck nun plötzlich als Kritiker der Kontrolletti-Praxis. ...

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