27. März 2012

Wen und was die Schuldenbremsen bremsen

Jakob Augstein: Die Ideologie der Starken

Es ist ja nicht so, dass in einem Land wie diesem heute weniger Geld vorhanden wäre als früher. Im Gegenteil. Das Geld wird immer mehr. Man (?) hat uns nur daran gewöhnt, es anders zu verteilen als früher: von unten nach oben. Das ist das Ergebnis eines jahrzehntelangen Umerziehungsprojekts, einer kulturellen Neuausrichtung. Die Ideologie von der Staatsferne hat das Denken und Sprechen verändert. Die Leute haben vergessen, was Rousseau gelehrt hat:
“Zwischen dem Starken und dem Schwachen ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit.”
Warum mir wohl gerade der Grüßaugust einfällt?
Die Freiheit, das sind die Märkte und das Gesetz, das ist der Staat. Aber der Staat ist ins Gerede gekommen, und das Heil liegt im Privaten.
Das ist die Ideologie der Starken, derer, die es sich leisten können, auf öffentliche Infrastruktur zu verzichten. Sie haben in einem Generationenprojekt durchgesetzt, dass die Steuern gesenkt wurden. Die Einnahmen, die dem Staat entgingen, wurden durch Schulden ersetzt. Dadurch konnte der Staat seine Leistungen eine zeitlang mehr oder weniger aufrechterhalten. Das war die erste Phase der Umerziehung.
Jetzt kommt die zweite: die Schulden werden zurückgefahren. Weil aber die Steuern nicht erhöht werden, muss sich der Staat zurückziehen. Es bleiben die Schulen auf der Strecke, die Sportplätze, die Freibäder, die Jugendzentren. Es bleibt die Öffentlichkeit auf der Strecke. Man bringt den Leuten seit 30 Jahren bei, dass das der richtige Weg ist.
Und sie glauben es. ...
Nahezu jede Zeile ist ein Thema:
Auswirkungen der Schuldenbremse auf die kommunale Ebene

Die schuldenbegrenzenden Grundgesetzartikel beziehen sich zwar nur auf den Bund und die Länder. Die Kommunen werden jedoch als verfassungsgemäße Teile der Länder unmittelbare Auswirkungen durch diese sogenannte Schuldenbremse zu erwarten haben.

Die Kommunen erwarten hierbei vor allem

eine zunehmende Aufgabenübertragung von Bund und Ländern auf die gemeindliche Ebene mit daraus folgenden finanziellen Mehrbelastungen, vor allem im sozialen Bereich,

Modifikationen am kommunalen Finanzausgleich,

Verteuerung als auch eine Verknappung des Kreditangebots,

Kürzungen der Landeszuweisungen, vor allem der zweckgebundenen Zuweisungen sowie Schlüsselzuweisungen, nachrangig der allgemeinen Zuweisungen.
Mögliche Strategien der Kommunen, mit den erwarteten zunehmenden finanziellen Herausforderungen umgehen zu können, liegen laut Aussage der an der Befragung teilnehmenden Gemeinden

in der Erhöhung der Hebesätze, Gebühren und/oder Abgaben,

in zunehmender Verschuldung, insb. verstärkter Aufnahme von Kassenkrediten,
Ausgabenkürzungen bei freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben, aber auch bei pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben,

in Ausgabenkürzungen durch Überdenken der Aufgabenstandards: Einsparungen insb. beim ÖPNV, durch Veräußerungserlöse, durch Verzicht auf Investitionen, durch Personalabbau und Prozessoptimierung,

in Gesetzesverstößen, die in Betracht gezogen werden, indem Gesetzesauflagen nicht erfüllt werden. Als Beispiel wurde die Mindestversorgung im Bereich der Kindertagesstätten genannt,

in der Zentralisierung von öffentlichen Leistungen im Stadtgebiet

in möglichen Gesellschafterstrukturveränderungen (Privatisierungen, Rekommunalisierungen) im „Konzern Kommune“ als untergeordnete Option

in intensiverer interkommunaler Zusammenarbeit zwischen Kommunen, nur nachrangig verstärkt öffentlich-private Partnerschaften.
Hierzu passt z.B. die Frage, ob der Landkreis Vorpommern-Greifswald beabsichtigt, den Eigenbetrieb Behindertenzentrum Zirchow an das Ev. Diakoniewerk Bethanien Ducherow zu übergeben.

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