16. März 2012

"Gesetzlicher Mindestlohn auch in Deutschland dringend erforderlich"

Eine ganze Blickpunktseite ließ die OZ mit Vorwahlquark über den Grüßaugust befüllen. Da blieb kein Platz zu berichten, was in D. los und nötig ist.
Andere berichteten:
Seit mehr als 7 Jahren Lohnstillstand trotz 12 % mehr Produktivität
... Praktisch haben sich die Löhne seit Ende 2005, also über mehr als 7 Jahre verbraucherpreisbereinigt nicht verändert, obwohl die Produktivität um 12 % zugenommen hat (Abb. 14982).
Dabei entlohnt die gewerbliche Wirtschaft noch besser als die deutsche Wirtschaft insgesamt, insbesondere der Dienstleistungssektor mit vielen Niedriglöhnern. ... Die Durchschnittslöhne im Niedriglohnsektor lagen im Jahr 2010 mit 6,68 Euro in West- und 6,52 Euro pro Stunde in Ostdeutschland weit unter der Niedriglohnschwelle. Gut 4,1 Millionen Beschäftigte (12%) verdienen weniger als 7 Euro brutto pro Stunde und davon 1,4 Millionen sogar weniger als 5 Euro. Ostdeutsche, Frauen und Minijobber/innen sind von solchen Niedrigstlöhnen überproportional betroffen.
Die soziale Landschaft in Deutschland entwickelt sich immer mehr zu einem sozialen Skandal und dem Gegenteil einer sozialen Marktwirtschaft. Die durchschnittlichen Arbeitseinkommen sind selbst bei Einschluß der Topverdiener vom Format Ackermann seit 2000 real um 3,3 % gefallen, die Sozialrenten real sogar schon um 7,4 % (Abb. 17247). ...
Die Studie, auf die sich der Autor und viele andere berufen, können Sie hier nachlesen (14 Seiten; PDF).
Interessant sind diese Erkenntnisse:
Bei Einführung eines gesetzliches Mindestlohnes von 8,50 € hätte jede/r fünfte Beschäftigte Anspruch auf eine Lohnerhöhung (gut 25% der Frauen und knapp 15% der Männer). ...
Das beträfe etwa eine Million ostdeutsche Hungerlöhner.
Die Analyse ... bestätigt zunächst wiederum den wichtigen Befund, dass Gruppen mit hohem Niedriglohnrisiko nicht zwingend auch einen großen Anteil im Niedriglohnsektor haben (Tabelle 3). Am augenfälligsten ist dies bei den Beschäftigten ohne abgeschlossenen Berufsabschluss, die trotz ihres deutlich überdurchschnittlichen Niedriglohnrisikos nur rund ein Fünftel der Niedriglohnbeschäftigten stellen. Die große Mehrheit der Niedriglohnbeschäftigten hat eine abgeschlossene Berufsausbildung oder sogar einen akademischen Abschluss. Bei Verwendung einer einheitlichen Niedriglohnschwelle liegt der Anteil der formal gering Qualifizierten unter den Niedriglohnbeschäftigten nur noch bei 18,4% und der Anteil der Akademiker/innen liegt mit gut 10% höher als bei der Ost-West-differenzierten Schwelle. Auffällig ist auch, dass der Anteil der Vollzeitbeschäftigten mit gut 47% deut-lich höher ist und die Anteile der Teilzeitbeschäftigten und Minijobber/innen geringer.
Insgesamt bleibt es jedoch dabei, dass Niedriglöhne in Deutschland keineswegs überwiegend gering Qualifizierte oder Jüngere betreffen. Vielmehr ist die große Mehrheit der Niedriglohnbeschäftigten formal qualifiziert und stammt aus den mittleren Altersgruppen. ...
789.000 Vollzeitbeschäftigte verdienten im Jahr 2010 nach unseren Berech-nungen weniger als 6 € pro Stunde und kamen damit auf einen Monatslohn, der mehr oder weniger deutlich unter 1.000 € lag. Solche niedrigen Stundenlöhne sind auch häu-fig die Ursache dafür, dass das Erwerbseinkommen nicht zur Existenzsicherung reicht und aufstockende Leistungen des Staates in Anspruch genommen werden müssen. .
Sie und ich spenden also einen Teil unserer Steuern an Arbeitgeber, damit die Hungerlöhne zahlen können.
Deshalb die Schlussfolgerung:
Dies unterstreicht nochmals deutlich, dass ein gesetzlicher Mindestlohn auch in Deutschland dringend erforderlich ist, um Niedrigstlöhne wirksam zu unterbinden. Nachdem sich selbst die CDU auf ihrem Parteitag im November 2011 im Grundsatz für eine verbindliche Lohnuntergrenze ausgesprochen hat, sollte dies eigentlich rasch umgesetzt werden können. Allerdings müsste eine solche Untergrenze für alle Branchen und Beschäftigtengruppen gelten und nicht nur für die wenigen Bereiche, in denen es keinerlei tarifliche Regelungen gibt.

1 Kommentar:

  1. Anonym17.3.12

    Für NachDenkSeiten Leser nichts Neues! Aber der Clement quakt auch schon wieder kräftig rum, dass man die Steuern für "Leitungsträger" nicht erhöhen soll.


    Sicher meint er mit Leistungsträger die Krankenschwestern, Pflegerinnen, Hausmeister, Arbeiter u.s.w..

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